Solange am Himmel Sterne stehen [Rezension]

21 Jun
Solange am Himmel Sterne stehen von Kristin HarmelTitel: Solange am Himmel Sterne stehen
Autor: Kristin Harmel
Seitenzahl: 480
ISBN: 978-3-442-38121-0
Verlag: Blanvalet
Veröffentlichung:  15. April 2013
Leseprobe

 

Zum Inhalt:

Hope ist 36 Jahre alt und führt die familieneigene Bäckerei am Cape Cod. Nach der Scheidung von ihrem Mann besteht ihre Familie aus ihrer 12jährigen Tochter Annie und ihrer Großmutter Rose, die an Alzheimer erkrankt ist. In ihren klaren Momenten weiß Rose, dass ihr Gedächtnis bald völlig erloschen sein wird. Und so bittet sie ihre Enkelin eines Abends, nach Paris zu reisen, um dort hinter die Geheimnisse ihrer Vergangenheit zu kommen, über die sie selbst all die Jahre geschwiegen hat…

Meine Meinung:

“Rose starrte aus dem Fenster und suchte, wie sie es immer tat, nach dem ersten Stern am Horizont. Sie wusste, dass er aufgehen würde, so funkelnd und strahlend wie eine ewige Flamme, sobald die untergehende Sonne Streifen aus Feuer und Licht an den Himmel malte. Als sie ein kleines Mädchen war, nannten sie diese Dämmerung l’heure bleue, die blaue Stunde, die Zeit, wenn es nicht mehr ganz hell und noch nicht völlig dunkel war. Rose hatte in diesem besonderen Moment stets Trost gefunden.”
(Seite 45)

Der Leser wird nicht einfach in die Geschichte hineingeworfen - Hope macht sich nicht bereits auf Seite 5 auf den Weg nach Paris. Mir hat das sehr gut gefallen. Denn so begleitet man Hope schon vor der Reise; lernt sie, Annie und die anderen kennen, und kann sie, so wie ich, ins Herz schließen. Hopes Ängste, Wünsche und Gedanken konnte ich ebenso gut nachvollziehen wie die kleinen und auch größeren Ausraster, die sich ihre 12jährige Tochter Annie so manches Mal leistet. Aber nicht bloß mit der Darstellung ihrer Protagonisten hat Kristin Harmel mich begeistert. Sie hat mich mit ihren tollen Worten und ihrer tollen Art zu schreiben förmlich in dieses Buch hineingezogen.

Ein großes Thema in diesem Buch ist die Schoah (die Verfolgung der Juden während des zweiten Weltkriegs). Und wann immer einer der Beteiligten von dieser Zeit berichtet hat, war ich sehr berührt. Natürlich bin ich mir bewusst, dass diese Schilderungen fiktiv sind. Auf mich wirkten sie aber sehr real. So real, dass sich mein Herz zusammenzog und die Tränen in mir aufstiegen. Ich wurde mir einmal mehr bewusst, wie wichtig es ist, dass es – zum Glück – Einrichtungen und Überlebende des Holocaust gibt, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die grausamen Ereignisse von damals und die damit verbundenen Schicksale nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

>>… Dort waren wir vielleicht sieben- oder achttausend Menschen. Man konnte sie unmöglich alle zähen. Es war ein Meer von Menschen. Es gab kein Essen. Kaum Wasser. Wir waren zusammengepfercht wie die Sardinen. Manche Leute haben sich umgebracht. Ich habe eine Mutter gesehen, die ihr Baby erstickt hat, und ich dachte, sie sei verrückt, aber am Ende des dritten Tages begriff ich, dass sie gnädig gewesen war. Später, als sie laut wimmerte, sah ich, wie ein Wachmann sie erschoss. Ich kann mich noch genau erinnern, dass ich dachte: die Glückliche.<<
(Seite 179)

Je weiter die Geschichte voranschreitet, merkt man, dass es sich nicht bloß um eine Reise in die Vergangenheit von Rose handelt. Es ist auch eine Reise zu Hopes wahrem Ich. Am Anfang wirkt sie niedergeschlagen, da sie sich u. a. wegen ihrer Scheidung und dem schwierigen Verhältnis zu ihrer Tochter, wie eine Versagerin fühlt. Mit der Zeit bekommt sie aber eine andere Sicht auf sich selbst und schöpft neue Hoffnung. Und so verändert sich, parallel zu Hope, auch die Stimmung des Buches. Von melancholisch zu hoffnungsvoll.

Noch ist zwar erst die Hälfte des Lesejahres rum, aber bereits heute weiß ich, dass dieses Buch ein absolutes Lese-Highlight für mich ist. Und nicht bloß in diesem Jahr, denn diese Geschichte werde ich wohl nicht so schnell vergessen können. Und das ist auch gut so. Es steckt so viel in diesem Buch. Es kann einem so viel geben. Wenn man es mit dem Herzen liest.

Rose holte einmal tief Luft. >>Von manchen Geheimnissen kann man nicht sprechen, ohne ein ganzes Leben zunichtezumachen<<, sagte sie. >>Aber ich weiß, wenn mein Gedächtnis stirbt, dass werden auch meine Liebsten sterben, die ich all die Jahre tief in meinem Herzen bewahrt habe.<<
(Seite 96)

5 HerzenSaFi

Sterntörtchen - Exklusives Rezept von Kristin Harmel / Das Kochbuch zu “Solange am Himmel Sterne stehen”

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