[Rezension] Der siebte Tod | Paul Cleave

15 Okt
 
Titel: Der siebte Tod
Autor: Paul Cleave
Seitenzahl: 432 Seiten
Verlag: Heyne
ISBN: 978-3-453-43247-5
Veröffentlichung: 02. April 2007
Leseprobe

Zum Inhalt:

Auf seine Mitmenschen wirkt Joe Middleton wie ein ganz normaler Kerl. Er verdient als Putzmann bei der Polizei von Christchurch seine Brötchen, vergisst nie, seine geliebten Fische zu füttern und besucht regelmäßig seine Mutter, deren Kaffee er bei diesen Gelegenheiten ab und zu mit Rattengift eine besondere Note verleiht.
Joe ist der einzige in der Stadt, den die Meldungen über den Schlächter von Christchurch, dem sieben Morde an Frauen zur Last gelegt werden, nicht weiter interessieren. Abgesehen von einer Kleinigkeit: Der Schlächter, dass weiß Joe ganz sicher, ist nur für sechs der sieben Morde verantwortlich. Doch wenn es schon einen Nachahmer gibt, dann kann man ihn ja auch aufspüren, bestrafen und ihm die Morde anhängen, oder? Wenn ihm dabei doch bloß nicht so viele Frauen im Weg stehen würden…

Der siebte Tod_Artikelbild

 Meine Meinung:

Ist euch buchtechnisch schon mal ein Serienkiller über den Weg gelaufen, der euch mit seinen Taten zwar das Fürchten lehrt, euch aber gleichzeitig mit seinen Überlegungen und Gedankengängen fast schon in Gelächter ausbrechen lässt? Mir bislang nicht. Doch jetzt hat Joe Middleton meinen Leseweg gekreuzt…

»Ich heiße Joe«, sage ich und lange nach meinem Aktenkoffer. Ich wähle das zweitgrößte Messer, das ich darin aufbewahre. Eine Klinge von feinster Schweizer Machart. Ich halte es hoch. Wir können es beide sehen. Für sie sieht es größer aus, obwohl ich näher dran bin. Hat irgendwas mit der Perspektive zu tun. (Seite 12)

Paul Cleave hat mit Joe einen äußerst interessanten und nicht minder kranken Serienkiller ins Rennen geschickt. Auch wenn es rein wörtlich die Untertreibung des Jahres ist, formuliere ich es mal so: Joe hat es faustdick hinter den Ohren. In seinem Kopf - der für Außenstehende mit nicht sehr viel Inhalt gefüllt zu sein scheint, da Joe es hervorragend versteht, seine Umwelt glauben zu lassen, dass er geistig nicht ganz auf der Höhe ist und den IQ eines Lattenzauns hat - schmiedet er perfide Pläne, die er dank seines geliebten Messers und der teuer erstandenen Glock, ohne Rücksicht auf Verluste, dann auch alsbald ausführt.

Joe höchstpersönlich führt den Leser durch die Geschichte. Lässt einen Teil seines Lebens sein. Neben den Morden nehmen Joes ausschweifende Gedanken über Gott und die Welt einen großen Teil des Buches in Anspruch. Mit anderen Worten: Joe schwafelt viel und gerne rum - mal mit mehr, mal mit weniger Sinn und Verstand, aber immer mit einer ordentlichen Portion schwarzem Humor. Auf der einen Seite wird so das Profil von Joe auf eine Art und Weise vervollständigt, die ich bislang nicht kannte und die mir sehr gut gefallen hat, auf der anderen Seite wurde mein Lesewille so ein paar Mal ganz schön strapaziert.

“Eine Signatur ist das, worum es bei einem Mord überhaupt geht. Sie ist der Lohn. Ich habe keine, weil ich keiner dieser kranken, perversen Bastarde bin, die Frauen umbringen, weil sie das für ihre sexuelle Befriedigung brauchen. Ich mache es aus Spaß. Und das ist ein großer Unterschied.” (Seite 51)

Die Schilderungen von Joes Taten waren größtenteils nicht so detailliert und unverblümt beschrieben, wie ich es in einem Thriller dieses Formats eigentlich gerne lese. Cleave setzt mit seinen Beschreibungen an, hört dann meistens aber abrupt wieder auf und der Leser wird mit den Folgen der Taten konfrontiert. So findet das Bestialische im Kopf des Lesers, und nicht in Form von gedruckten Buchstaben, statt. Der Fantasie sind so zwar kaum Grenzen gesetzt, der thrillige Leseschauer bleibt dadurch aber stellenweise ein wenig auf der Strecke.

Wenn ich das Buch an sich schlecht gefunden hätte, würde ich an dieser Stelle vermutlich schreiben, dass die Geschichte langatmig ist und vor sich hinplätschert. Da aber das genaue Gegenteil bei mir der Fall ist, komme ich eher zu dem Schluss, dass das fast schon gemächliche Voranschreiten der Geschichte - von ein paar Highlights mal abgesehen – gepaart mit Joes Wesen eine fast perfekte Kombination bietet.

“Ich glaube, er hat mich gerade einen verrückten Bastard genannt. Vielleicht bin ich das. Vielleicht ist das mein Problem. Ich überprüfe diese Theorie, indem ich aufstehe und ihm meine Faust in den Magen ramme.
Das gibt’s doch nicht! Er hat tatsächlich recht.” (Seite 344)

“Der siebte Tod” war für mich nicht der knallharte und blutrünstige Thriller, auf den mich gefreut hatte, sondern eher das gut durchdachte und ausgereifte Psychogramm eines Wahnsinnigen. Dennoch (oder gerade deshalb?) hat Paul Cleave mich mit seiner Idee und deren Umsetzung begeistern können.

4SaFi

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