{Rezension} Die Philosophie des Laufens

11 Sep

Die Philosophie des Laufens

Herausgeber: Michael W. Austin, Peter Reichenbach
Titel: Die Philosophie des Laufens
Seiten: 200 Seiten
Verlag: mairisch Verlag
Veröffentlichung: 01. September 2015

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“Aristoteles ist der Meinung, dass Freundschaft eines jener Hilfsmittel ist, die wir brauchen, um ein tugendhaftes Leben zu führen und um wahrhaftig glücklich zu sein. So wie ein Läufer eine geeignete Ausrüstung braucht, um sich in diesem Sport hervorzutun, braucht jeder von uns die passenden Hilfsmittel, um ein erfolgreiches Leben zu führen.” (S. 27)

›Die Philosophie des Laufens‹ zu charakterisieren, ist schwierig. Zunächst einmal handelt es sich um ein Sachbuch. Es ist jedoch kein Sportbuch, zumindest nicht primär. Vielmehr schlägt es eine Brücke zwischen zwei Bereichen, die eigentlich nicht weiter voneinander entfernt sein könnten: es verbindet philosophische Aspekte mit denen der praktischen Ausübung des Laufsports.
So wird zum Beispiel erklärt, was die Freundschaft unter Läufern oder der Kauf einer neuen Laufausrüstung mit Aristoteles und seinen Denkansätzen zur ›Glückseligkeit‹ zu tun haben.

An anderer Stelle werden die inneren Kämpfe während eines Marathons mit den Lehren Nietzsches über die Überwindung des ›Zwergs in uns‹ verglichen.

“Obwohl mir der Gedanke damals natürlich nicht kam, so entsprechen die inneren Kämpfe, die Pizzolato, ich und Tausende andere an diesem Tag mit sich führten, doch genau den Ideen der Selbstüberwindung und der persönlichen Transformation, die die Philosophie von Friedrich Nietzsche (1844–1900) ausmachen.” (Seite 47)

Die begleitenden Schilderungen von Läufen sorgen dafür, dass das Buch dennoch nicht allzu trocken wird. Größtenteils als Aufhänger für dann folgende philosophische Überlegungen, aber bisweilen auch für sich alleine genommen, gibt es immer wieder Anekdoten von berühmten Läufern oder ganze Schilderungen eines Laufs. So habe ich mich in der Schilderung vom »Alsterlauf - die ersten zehn« besonders zuhause gefühlt. Das entspricht so ungefähr meinem Leistungsniveau und die dazugehörige Darstellung war unterhaltsam, bodenständig und für mich sehr nachvollziehbar geschrieben.

Meine Meinung:

Als ich das Buch zur Hand nahm, war ich von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Meine Vorstellung von dem Buch war eine andere. Ich hatte erwartet, dass ›Philosophie‹ im eher übertragenen Sinne zu verstehen sei, also im Hinblick auf die Einstellung die der einzelne Läufer zu seinem Sport hat. Ich wollte neue Aspekte kennenlernen, ich wollte erfahren, welche (pragmatischen!) Motive andere Läufer dazu bringen, sich die Laufschuhe anzuziehen.
Stattdessen fand ich echte Philosophie vor. Ich wurde konfrontiert mit Aristoteles, Nietzsche und weiteren hellen Köpfen.

Statt pragmatischer Motive, wie »macht den Kopf frei« oder »ist gesund« lernte ich, dass auch der Kauf neuer Laufbekleidung zur Glückseligkeit führt (und damit ist im philosophischen Sinne nicht der Moment gemeint, in dem Frau ein Schuhgeschäft betritt!).
Natürlich werden die alltäglichen Gründe für das Laufen auch erwähnt. Schließlich sind die Autoren dieses Buches nicht nur Denker, sondern vor allem auch selbst Läufer. Schwerpunktmäßig geht es jedoch nahezu immer um einen philosophischen Kontext.

Ich gebe zu, dass ich zunächst etwas fassungslos auf das Innere dieses Buchs gestarrt habe.
Philosophie war nie mein Thema.
Wenn ein Mensch fragt, ob ein Baum ein Geräusch verursacht, wenn dieser umfällt, aber niemand in der Nähe ist, um es zu hören, dann gibt es buddhistische Mönche, die sich lange und tiefgreifende Gedanken dazu machen. Und es gibt mich. Ich sage »ja, klar!« und gehe zur Tagesordnung über.
Dann begann ich aber doch, zu lesen. Und neugierig geworden, habe ich weitergelesen. Und dabei festgestellt, dass ich einiges wirklich interessant fand. Für mich war nicht alles nachvollziehbar, bisweilen war die Thematik für mich zu abgehoben und das Denken zu verschwurbelt, auch laufe ich keine Marathondistanz und habe bei allem über 10 km das dringende Bedürfnis nach Sauerstoffzelt und notärztlicher Versorgung. Aber immerhin hatte mein Kopf neues Futter zum Nachdenken. Und das finde ich bei Büchern ja schon immer eine positive Sache.

Fazit:

Man sollte sich schon für Philosophie und für das Laufen interessieren. Als ich das Buch zur Hand nahm, war meine größere Sorge eigentlich die, ob ich eine ausreichend ambitionierte Läuferin sei, um mit diesem Buch etwas anfangen zu können. Stattdessen fand ich als viel größere Herausforderung echte Philosophie vor. Wer mit einem von beiden Bereichen nicht viel im Sinn hat, der sollte dringend erst einmal probelesen. Man kann im Internet einen entsprechenden Blick ins Buch werfen.
Diejenigen, die sich auf diese Thematik und vor allem auf diese eher ungewöhnliche Kombination dieser sich eigentlich fremden Welten einlassen können, finden interessanten Stoff zum Nachdenken.

Rana

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