{Rezension + Interview} 21. Zahlen des Todes | Mia Winter

31 Okt

Autor: Mia Winter
Titel: 21. Zahlen des Todes
Seitenzahl: 317 Seiten
ISBN: 978-3-7363-0217-4
Verlag: Lyx
Veröffentlichung: 14. Oktober 2016
Leseprobe
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„Es war weniger sein Gesichtsausdruck gewesen als dieser Fakt, der Leana immer wieder verfolgt hatte: dass die Kopfhaare eines Menschen hochstehen konnten vor Entsetzen.“ (Seite 8)

 

Zum Inhalt:
Leana Meister und ihre Kollegen vom Kompetenzteam des LKA in Düsseldorf gelten als die Besten auf ihrem Gebiet und werden deshalb bundesweit in ungewöhnlichen Kriminalfällen angefordert.
In ›21‹, dem zweiten Band der ›Zahlen des Todes‹ Reihe, geht es um getötete asiatische Männer, die grausam zugerichtet wurden.
Da der Verdacht auf organisierte Kriminalität naheliegt, wird das Team durch einen Experten für die Triaden, den attraktiven Spanier Dario, unterstützt. Nach einem Anschlag auf den Leiter des LKA übernimmt der charismatische Finley Fitzpatrick vorübergehend diese Position und wirbelt dabei Leanas Liebesleben durcheinander, die gerade auf bestem Weg war, sich mit ihrem Noch-Ehemann George zu versöhnen.
Für derlei amouröse Verwicklungen bleibt jedoch wenig Zeit, da sich die Angelegenheit innerhalb weniger Tage zuspitzt. Es geschehen weitere Morde und Leana erreichen an sie persönlich gerichtete Botschaften aus dem Kreise der Verdächtigen. Damit nicht genug, verdichtet sich im Team zunehmend der Eindruck, dass Mitarbeiter aus den eigenen Reihen in die Sache verwickelt sind.
Leana weiß nicht mehr, wem sie noch trauen kann und spätestens als ihre Töchter bedroht werden, überlegt sie ernsthaft, ihren Job aufzugeben.

 

Meine Meinung:
Die Autorin Mia Winter wird mit jedem Roman besser.
Bereits ›Janusmond‹ hat mir gut gefallen, ›18‹ fand ich noch besser und mit ›21‹ hat sie mich nun vollends überzeugt.
Die Geschichte ist spannend, ohne jegliche Längen. Stets passiert etwas Unerwartetes und da die Bedrohung plötzlich aus mehreren Richtungen kommt, spüre ich in jedem Augenblick die latente Gefahr, in der Leana schwebt. Selbst Leanas engste Vertraute erscheinen in einem anderen Licht und das Team ist nicht einmal mehr innerhalb ihrer Komfortzone, im LKA - Gebäude, in Sicherheit.

Während in ›18‹ noch die Täterpsychologie im Vordergrund stand und moralische Abwägungen einen großen Raum einnahmen, weil sich Täter- und Opferrolle nicht klar abgrenzen ließen, tritt diese Frage in ›21‹ zurück. Zwar wird das Thema auch hier relevant, jedoch ist der neue Roman im Vergleich zum Vorgänger eindeutig aktionsreicher, und die ruhigeren, moralischen und/oder psychologischen Aspekte spielen eine untergeordnete Rolle.

Gerade weil das so ist, gefällt mir ›21‹ noch besser als der Vorgänger. Für mich hat der Roman genau die richtige Mischung aus Zwischenmenschlichkeit, Psychologie und Action.

Den ersten Band der Reihe – ›18‹ – zu kennen, ist nicht zwingend notwendig, aber ratsam, da viele der handelnden Personen nicht mehr genauer vorgestellt werden und es die eine oder andere Anspielung auf die Geschehnisse von Band 1 gibt. Für Neueinsteiger werden diese Dinge grob angerissen, so dass Band 2 auch für sich alleine verständlich bleibt.

 

Fazit:
›21‹ ist ein gelungener Thriller. Sympathische Protagonisten mit Ecken und Kanten, ein fesselnder Spannungsbogen und eine Prise Liebe, Freundschaft sowie zwischenmenschliche Enttäuschungen, machen diesen Roman für mich zu einer Leseempfehlung für alle Krimi- und Thrillerleser.

Rana

Nachdem ich ›21‹ gelesen hatte, ergab sich die Gelegenheit, mit der Autorin Mia Winter ein Interview zu führen.

Rana: Erst einmal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst. Vielleicht möchtest Du Dich unseren Lesern kurz vorstellen und auch verraten, wie Du zum Schreiben gekommen bist?

Nun, zum einen begann ich Geschichten zu erfinden, weil mir das Lesenlernen als Kind sehr schwerfiel und es für mich einfacher war, einfach nur den ersten Satz einer Geschichte im Lesebuch zu entziffern und dann den Faden selbst weiter zu spinnen. Meine Phantasie hatte immer schon die Sprache als Kanal genutzt, um sichtbar zu werden. Zum Krimischreiben kam ich über eine Leiche in meiner eigenen Wohnung, ein paar Tage vor dem Einzug. Ich fand viele Dinge sehr seltsam, und ermittelte das erste Mal in meinem Leben. Bis heute fange ich meine Krimis am liebsten so an: ich bringe jemanden um und manche mich dann mit dem Team auf den Weg, um herauszufinden, wer es war und vor allem, was die Geschichte hinter der Geschichte ist.

Rana: Nachdem wir Dich jetzt kennengelernt haben, stelle doch bitte die Reihe ›Zahlen des Todes‹ vor, der ›21‹ angehört. Warum Zahlen des Todes?

Jedes Verbrechen ist grausam und hinterlässt Menschen, für die nichts mehr so ist wie vorher. Manche sind jedoch so weitreichend, so erbarmungslos, dass es nicht einmal unserer Phantasie möglich ist, sich auszumalen, wie dieses Opfer in ein normales Leben finden oder zurückfinden kann. Während im ersten Band der Trilogie ‚Die Zahlen des Todes - 18’ das Phänomen des Rudelverhaltens ein Opfer hervorbrachte, dass nach 18 Jahren die Katharsis der Rache vollzieht, ist es in ‚21’, eine junge Frau, deren gesamte Familie ausgelöscht wurde, als sie noch ein Baby war.

Die Zeit schrieb im Januar 2013, „….Manche Taten sind so unmenschlich, dass …. eine zivilisierte Strafe beinahe anstößig wirkt. ….Rache ist bitter, brutal, blutig. Warum erscheint das Rachebedürfnis …. trotzdem legitim? Weil der Mensch sich nach ausgleichender Gerechtigkeit sehnt, insbesondere nach einem Ausgleich für mutwillige Gewalt. Früher nannte man diesen Ausgleich Sühne. Im Alten Testament gibt es für den Vergeltungswunsch Schlüsselsätze wie: »Die Rache ist mein, ich will vergelten, spricht der Herr.« Trotzdem ist Rache nach unserem aufgeklärten Verständnis nicht legitim. Gewalt verursacht Gewalt. Diesen Teufelskreis durchbricht der Rechtsstaat. Er reagiert auf Untaten nicht mit Untaten,….“

Aber was ist, wenn der Rechtsstaat gar nicht reagieren kann? Und sind die ursprünglichen Täter zu Opfern geworden, gibt es dann wirklich immer jemanden, der auch dieser Tat wieder Rache schwört, also neue Gewalt entstehen lässt? Hat der Staat uns nur die Katharsis der Rache ausgeredet, indem er sie als nicht zivilisiert degradiert?

 „Die Zahlen des Todes – 21“ spielt mit dieser Idee. Es verführt den Leser, den Wunsch nach Rache in sich zu fühlen und überlässt es ihm, ob er widerstehen kann.

Rana: Wie ist die Idee zu dieser Reihe und besonders auch zu diesem Fall entstanden?

Es gibt reale Fälle, die man einfach nicht vergessen kann, so hat auch dieser Fall einen realen Fall, der mich nicht losließ. Würde ich jetzt hier drüber sprechen, würde ich definitiv zu viel verraten und dem Leser das Vergnügen nehmen, selbst herauszufinden, was hinter den Morden steckt.

Rana: Aus unserem Vorgespräch weiß ich bereits, dass es das Kompetenzcenter in dieser Form nicht gibt. Wie viel ist dennoch real und wie hast Du hinter den Kulissen recherchieren können?

Ich bin mit mehreren Polizisten und Ermittlern befreundet, die mich auf Wunsch beraten. Außerdem arbeite ich in der IT Branche, oft eng zusammen mit Entwicklern und Nerds und ich weiß, manchmal leider, was so alles geht und möglich ist. Das habe ich Tanni in sympathischer Form gegeben. Außerdem schätze ich ein gewisses Tempo in den Ermittlungen. Deshalb habe ich das Kompetenzcenter ins Leben gerufen.

Rana: Was ist mit den übrigen Schauplätzen? Haben die alle reale Vorlagen? Besonders die Tunnelanlagen von Cu-Chi fand ich faszinierend.

Ich habe ein sehr gutes Gedächtnis, was ich einmal gelesen habe, ist abgelegt und dann auf Bedarf abrufbar. Ich habe sehr viel über den Vietnamkrieg gelesen und darüber, wie es dem Vietcong möglich war eine aus unserer Sicht militärische Übermacht wie USA mürbe zu machen. Es war die westliche Selbstherrlichkeit, die nie davon ausgeht, dass andere Völker etwas können, was wir nicht können und daran scheitern wir mit großer Ausdauer. Der Vietcong hat ein Tunnelsystem entwickelt, 260 km in teilweise 3 Etagen, dort gab es Krankenhäuser, Waffenfabriken und vor allem die Fähigkeit, durch kleinste Gänge überall und eben auch mitten in einem Lager der USA aufzutauchen. Was gäbe es für einen Grund, diese Tunnel heute nicht mehr zu nutzen oder weiter auszubauen? In meiner Phantasie war das leicht möglich.

Das LKA ist da, wo es ist, denn ich kann es von meinem Wohnzimmerfenster aus sehen und auch die Hubschrauber, die dort landen, oder manchmal, wenn die große Kreuzung gesperrt ist von der Polizei, und dann 3 Autos mit dunklen Scheiben aus der Straße geschossen kommen und jedes fährt in eine andere Richtung, dann inspiriert mich das. Andere, wie die Psychiatrie erfinde ich an anderen Orten, nicht nur aus Pietät, sondern auch um mich frei bewegen zu können in meinen Kulissen.

Rana: Du schreibst auch detailliert über die Triaden. War die Recherche zu diesem Thema nicht schwierig und aufwändig?

Mein unter meinem Namen Stefanie Koch geschriebener Medizinthriller Crossmatch, das Todesmerkmal hat insgesamt 3 Jahre zur Recherche über das Medizinische, aber auch die Mafia gebraucht. Das kam mir hier noch einmal zu Gute. Denn wieder einmal wurde mir klar, dass die Mafia und auch die Triaden einen Vorteil haben, sie brauchen sich um Genehmigungen nicht zu scheren. Diesen Vorteil nutzen ganz sicher auch Regierungen, weil sie gern sauber bleiben wollen.

Rana: Ziemlich zu Anfang des Romans befindet sich eine sehr eindringliche Beschreibung eines Fotos aus George Batailles Buch ›Die Tränen des Eros‹. Ich weiß, dass es sowohl das Buch als auch dieses Foto darin gibt. Wie bist Du auf dieses Foto gestoßen, das bedrückend trefflich in das von Dir entworfene Szenario passt?

Meine erste große Liebe hat mir dieses Buch vor über 30 Jahren geschenkt und seit dem hat dieses Bild nie wieder losgelassen. Zwei Leserinnen haben mir schon geschrieben, dass sie diesen Buch auch kennen und genau dieses Foto sie auch nie wieder losgelassen hat. Das ist in vieler Hinsicht gut, denn es bedeutet auch, dass Leana eine Frau ist, mit der es leicht ist, sich zu identifizieren.

Rana: Zum Schluss möchte ich natürlich noch gerne wissen, wie es mit Leana weitergeht. Kannst Du schon sagen, ob es eine Fortsetzung der Reihe geben wird?

Wenn der Lübbe Verlag den dritten Band kauft, sehr gern! Egmont hat seine Sparte Spannungsroman an Lübbe verkauft in diesem Jahr. Ob das für uns Autoren gut ist oder nicht, kann ich noch nicht sagen. Aber jeder, der den dritten Band gern lesen will, kann mal an Lübbe schreiben, das könnte helfen, denn ich ich will wissen, wie es mit Fin und Leana weitergeht. Der Plot steht schon, dieses Mal geht es nach Thailand, wo ich vor vielen Jahren einige Monate gereist bin, außerdem habe ich einen kleinen Bruder und eine Thailändische Stiefmutter.

Rana: Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg mit Deinen Büchern.

Vielen Dank, sowohl das Telefonat als auch das Interview hier hat mir Spaß gemacht.

Kommentare? Immer her damit! :-)

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