{Rezension} Der geheime Himmel | Atia Abawi

27 Nov

Titel: Der geheime Himmel
(OT: The Secret Sky)
Autor:
Atia Abawi
Übersetzung: Bettina Münch
Seitenzahl: 340 Seiten
Verlag: dtv
ISBN: 978-3-423-74014-2
Veröffentlichung: 22. September  2015
Leseprobe
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Fatima ist seit ihrer frühesten Kindheit mit Samiullah befreundet. Schon ihr Leben lang haben sie gemeinsam draußen gespielt. Doch als er von der Uni zurückkehrt, ist aus Fatima eine junge Frau geworden. Es ist nicht erlaubt, dass sie sich weiterhin treffen. Erst recht nicht, da sie sich ineinander verliebt haben. Denn sie gehören unterschiedlichen Glaubensrichtungen an.
Natürlich versuchen beide, das Verbot heimlich zu umgehen. Doch Samiullahs Cousin Raschid verrät sie. Und Fatima muss sich dem Fakt stellen, dass sie ihre Familie öffentlich bloßgestellt hat.

“Zum ersten Mal in meinem Leben fühle ich mich allein. Einsam. Obwohl meine kleinen Brüder und meine Schwester ständig um mich herum sind, ist es, als würde ich nicht länger zur Familie gehören – zumindest nicht dieses neue Ich: dieses bizarre, kurvige, erwachsene Ich.” (Seite 21)

Auf der Leipziger Buchmesse wurde mir dieses Buch von Verlagsseite ans Herz gelegt. Die Geschichte klang wirklich gut und da ich mich in Büchern auch gerne mal in “fremde Gefilde” traue, musste es bei mir einziehen.

Fatima erschien mir zu Beginn als eine offene, junge Frau. Sie ist, wie viele Heranwachsende, in der Situation, dass sie erst einmal mit den Veränderungen ihres Körpers zurechtkommen muss. Vor allem in ihrem Fall ist das schwierig, da sie sich nicht mehr so unbefangen verhalten darf, wie zuvor. Es ist verboten, dass sie nun mit Freundinnen draußen herumtollt. Und mit jungen Männern darf sie sich schon gar nicht zeigen.
Als Samiullah wieder ins Dorf zurück kehrt, ist sofort eine Anziehung zwischen den beiden da. Vorsichtig und ganz keusch nähern sich beide an, obwohl sie wissen, dass es verboten ist. Ich habe wirklich mit beiden mitgefiebert und auch Mitleid gehabt. Für uns ist es total normal, dass wir uns in der Öffentlichkeit mit unserem Freund zeigen. Und vor allem dürfen wir uns unseren Freund selber aussuchen. Daher war es für mich nicht ganz einfach, mich in diese Situation hinein zu denken.
Als Fatima und Sami von seinem Cousin Raschid verraten werden, spitzt die Lage sich zu. Und wirklich viele Optionen bleiben beiden nicht. Denn Fatimas Eltern möchten Sami auf keinen Fall als zukünftigen Mann für ihre Tochter.

Das Frauenbild, das in einigen Ländern vorherrscht, gibt mir wirklich zu denken. Und um ehrlich zu sein, komme ich damit überhaupt nicht klar. Ich könnte mir gar nicht vorstellen, so zu leben. Aber gut, ich bin auch ganz anders erzogen worden. Auch die Brutalität, die vorherrscht und ebenso in der Familie vorhanden ist, hat mich schockiert. Nachdem Fatimas Eltern von ihrer Liebelei mit Sami erfahren, geschieht einfach Unfassbares. Das stimmt wirklich nachdenklich. Und ich konnte diese Gedanken und das Widerstreben in mir beim Lesen einfach nicht ausblenden.
Dass Fatima sich in ihrer eigenen Familie fremd fühlt, nachdem sie sich zur Frau entwickelt ist tragisch, traurig und befremdlich zugleich.
Die Geschichte wirkt auf mich sehr real und könnte sich genau so zugetragen haben.

“>>Das Herz spielt keine Rolle. Nicht für uns. Vergiss es. Es ist genauso nutzlos wie die Steine, die im ganzen Land verstreut liegen.<<” (Seite 41)

Und obwohl ich mit all diesen Problemen zu kämpfen hatte, hat mir Atia Abawis Geschichte gefallen. Sie hat einen gut zu lesenden Schreibstil. Die Story ist spannend und lässt den Leser mit Fatima und Samiullah mitfiebern. Nicht nur mitfiebern, auch mitleiden. Im Verlauf und gerade zum Ende hin kommt auch richtige Spannung auf.
Sehr interessant finde ich die Anmerkungen der Autorin. Die ihr Land liebt, aber natürlich auch nicht alles für gut befindet.
Am Ende des Buches befindet sich auch noch ein Glossar mit einigen Übersetzungen. Denn in den Dialogen werden immer wieder Originalwörter eingestreut.

“Das ist der Moment, in dem ich begreife, dass meine Mutter mich nicht mehr liebt. Ihre Kinder sind für sie keine Menschen. Wir sind ihre Schmuckstücke, wie ein neues Kleid oder ein Armband.” (Seite 165)

Mit “Der geheime Himmel” hat Autorin Atia Abawi eine spannende und tragische Geschichte um ein junges Liebespaar geschrieben, deren Liebe nicht sein darf. Auch wenn ich mit dem Frauenbild in Afghanistan ganz große Probleme habe und das während des Lesens nicht komplett ausblenden konnte, hat mich die sehr real wirkende Story an die Seiten gefesselt und mich gut unterhalten.
Das Buch hat definitiv eine Chance verdient, solltet ihr euch darauf einlassen können, eine Welt kennenzulernen, in der ganz andere Werte und Vorstellungen gelten als in unserer.

Sabrina

Kommentare? Immer her damit! :-)

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