{Rezension} Und keiner wird dich kennen| Katja Brandis

15 Nov

Autor: Katja Brandis
Titel: Und keiner wird dich kennen
Seitenzahl: 394
Verlag: Beltz & Gelberg
Leseprobe

“Niedergeschlagen setzt sich Maja und starrt auf den hässlichen hölzernen Couchtisch. .Kein Facebook. Keine Wettbewerbe. Keine Schnappschüsse auf Partys. Wird sie nie wieder tun können, was sie möchte? Einfach so?” (Seite 215)

Maja lebt mit ihrem jüngeren Bruder Elias und ihrer Mutter Lila zusammen. Sie hat einen tollen Freund, Lorenzo, den sie über alles liebt.
Doch von einem Tag auf den anderen ist ihr Leben anders: Robert Barsch, der Ex-Freund ihrer Mutter, hat seine Haftstrafe abgesessen. Inhaftiert war er, weil er die Familie auf brutalste Weise terrorisiert hat. Noch aus dem Gefängnis heraus versucht er, Kontakt zu Lila aufzunehmen.

Die Familie muss eine Entscheidung treffen: im Rahmen eines Opferschutzprogrammes nehmen sie neue Identitäten an, ziehen um und müssen den Kontakt zu allen Freunden und Verwandten abbrechen.

Doch das ist alles andere als einfach. Vor allem Maja leidet sehr unter der Trennung von Lorenzo. Schließlich begeht sie eine folgenschwere Tat…

“Dieses ewige Verstecken, sie ist es schon jetzt unglaublich leid. Und doch muss es weitergehen - für immer. Maja ist sich nicht mehr sicher, ob sie das durchhalten werden. Sie hat das scheußliche Gefühl, dass ihr neues Leben gerade dabei ist, sich an den Rändern aufzulösen.” (Seite 245)

Ein sehr brisantes und leider auch aktuelles Thema, über das die Autorin Katja Brandis in diesem Jugendbuch schreibt.
Hautnah erlebt man als Leser mit Maja und ihrer Familie die Hölle, durch die sie gehen müssen. Von einem Tag auf den anderen werden sie aus ihrem Leben gerissen. Ein Leben, das dank des Terrors von Robert vorher schon nicht einfach war.
Und plötzlich stehen die drei ganz alleine da: in einer neuen Umgebung, mit neuen Identitäten und kaum eigenen Habseligkeit. Das hat mir beim Lesen ganz schön weh getan, so sympathisch waren sie mir von Anfang an.

Maja ist eine lebensfrohe Jugendliche. In der neuen Schule findet sie schnell Anschluss, besonders bei Stella und Ben. Jedoch leidet sie sehr unter der Trennung von Lorenzo, ihrer großen Liebe.
Elias findet sich in der Schule nun besser zurecht, als in der vorherigen. Es scheint, dass ihm der Identitätswechsel und der Umzug nicht so viele Probleme bereiten.
Lila möchte am liebsten ihr autobiografisches Buch beenden und veröffentlichen. Doch natürlich muss sie sich noch einen Job suchen. Auch sie hat Höhen und Tiefen und fragt sich, warum es ausgerechnet sie und ihre kleine Familie getroffen hat.
Lorenzo kann es nicht glauben, dass Maja so plötzlich aus seinem Leben verschwindet, ohne dass er etwas darüber erfährt. Verzweifelt macht er sich auf die Suche - und geht dafür auch ungewöhnliche Wege.
Robert macht sich ebenfalls auf die Suche nach Lila und ihren Kindern. Schließlich muss er sie davon überzeugen, zu ihm zurück zu kommen. Er liebt sie doch. Und sie ihn mit Sicherheit auch. Dabei ist ihm jedes Mittel recht.
Die Personen wurden von der Autorin hervorragend herausgearbeitet. Die Ängste der Familie, die Verzweiflung bei Lorenzo und auch das verzerrte Selbstbild von Robert sind gut dargestellt.

Als mir nach und nach klar wurde, was für die Familie nicht mehr infrage kam, was ich als selbstverständlich hinnehme und über das ich mir keine Gedanken machen, musste ich erst einmal schlucken. Und wenn ich mir dann vorstelle, dass ich nicht mehr vor die Tür gehen könnte, ohne mich voller Angst alle paar Meter umzudrehen… nein, da möchte ich eigentlich nicht drüber nachdenken.

Das Setting kann ebenfalls überzeugen. Es spielt in Deutschland, in beschaulichen Orten mit geordneten Nachbarschaften. Und das ist es: es kann überall passieren, es kann jeden treffen.
Die Dialoge und der Schreibstil sind gut und flüssig zu lesen. Die Handlung ist spannend, so dass man das Buch nicht gerne aus der Hand legt.

“Und keiner wird dich kennen” ist ein gut recherchierter, spannender und stellenweise nervenaufreibender Jugendthriller, der das Thema “Stalking” sehr gut umsetzt und auf die Wichtigkeit der eigenen Identität sowie Freundschaft und die Macht des Internets hinweist. Ich hoffe, dass dieses Buch auch in Schulklassen als Lektüre eingesetzt wird.

4

SaCre

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